Monitoring

Umsetzung des Projekts

Nächtlicher Lichtfang
mit betreutem Leuchtturm
im Kaiserstuhl.

Warum Nachtfalter?

Häufig beschränkt sich ein Monitoring auf artenarme, leicht zu identifizierende Insekten-Gruppen. Aufwändiger, aber dafür auch sehr viel aussagekräftiger und differenzierter ist ein Monitoring der besonders artenreichen Gruppe der Nachtfalter - also der überwiegend nachtaktiven Großschmetterlinge. Sie sind mobil genug, um klimatische Veränderungen abbilden zu können und in ihrer Lebensweise häufig so speziell an ihre Lebensräume angepasst, dass sie sich besonders gut eignen, um als sogenannte Indikatoren Veränderungen in Landschaften und Lebensräumen aufzuzeigen:

Nicht nur die Falter, auch die verschiedenen Larvalstadien sind speziell an ihre Lebensräume angepasst und geben wichtige Hinweise auf den ökologischen Zustand eines Gebiets.

Nachtfalter sind sensible Seismographen:

  • Nachtfalter decken mit landesweit rund 950 Arten nahezu alle Lebensraumtypen an Land ab. 
  • Ihre oftmals sehr speziellen Ansprüche an Biotop-Ausprägungen und Sonderstrukturen sind gut untersucht.
  • Es bestehen sehr gute Kenntnisse über die historische Verbreitung der verschiedenen Arten, was auf eine früher weit verbreitete Sammeltradition zurückzuführen ist.

Anhand der Nachtfalter-Artenzusammensetzung können daher die Auswirkungen ökologisch relevanter Veränderungen in der Landschaft bewertet und - dank historischer Aufzeichnungen - auch über einen langen Zeitraum nachvollzogen werden!

25 Probeflächen in ganz
Baden-Württemberg

Die 25 Probeflächen wurden danach ausgewählt, dass sie einen hohen Anteil an wertgebenden Nachtfalterarten haben und eine gute historische Datenbasis aufweisen. In ihnen sind zudem alle relevanten Naturräume und hochwertigen Offenland-Biotoptypen des Landes enthalten:

Größe der Probeflächen

Probefläche = Quadrant.
Ein Quadrant ist das Viertel eines Messtischblattes der Topographischen Karte im Maßstab 1:25.000 (TK25).
Fläche: ca. 6x6 km2.

3 Leuchtpunkte pro Fläche

In jeder Fläche wurde an 3 festen Punkten während der Flugzeit der Falter das Arteninventar durch Lichtfänge (s.o.) erfasst. Zusätzlich wurden Kurzerfassungen und Tagesbegehungen durchgeführt.

Foto-Galerie der Probeflächen

Die insgesamt 25 Probeflächen von je 6x6 km2 Fläche liegen in den schönsten und hochwertigsten Gebieten des Landes:

(Im Buch werden die Flächen ausführlich bebildert und charakterisiert)

Erfassung der Nachtfalter

Die zweijährige Erfassung (2019 und 2020) erfolgte durch:

  1. Erfassung der Falter durch nächtlichen Lichtfang an festgelegten Orten:
    Bei jedem Leucht-Termin kamen ein betreuter Leucht-Turm und zwei Lebendfallen zum Einsatz. Turm und Lebendfallen konnten bei jedem Termin getauscht werden.
  2. Kurzerfassungen und Tagesbegehungen
    mit variabler Methodik an verschiedenen weiteren Orten innerhalb des Untersuchungsgebietes, um die Art-Nachweise zu vervollständigen. 
  3. (Ausführliche Methodik-Beschreibung und Methoden-Kritik im Buch.)

An jedem Leuchtpunkt wurden 10 Lichtfänge durchgeführt.
In der Summe macht das von 2019-2020:

  • 3 Leuchtpunkte x 10 Termine   
    = 30 Lichtfänge pro Untersuchungsgebiet
  • 30 Lichtfänge x 25 Untersuchungsgebiete     
    = 750 Lichtfänge im ganzen Land 

Betreuter Leuchtturm

Die durch das Licht des Leuchtturms auch von weiteren Entfernungen angelocken Falter werden direkt erfasst (Art und Individenzahl), in einem Sammelgefäß verwahrt um Doppelzählungen zu vermeiden und am Ende des Lichtfangs wieder freigelassen.

Lebendfalle

Morgendliche Leerung einer Lebendfalle: Die durch die Lichtquelle angelockten Falter prallen gegen die Plexiglaswände und rutschen über den Trichter in einen Stoffsack (im Foto bereits abgenommen). Zusammen mit den in der Umgebung der Falle sitzenden Nachtfaltern werden sie erfasst und anschließend wieder freigelassen.

Tagesbegehung

Tagesbegehung zur Vervollständigung der Artenliste: Einige sogenannte Nachtfalter-Arten kommen nur selten oder gar nicht ans Licht, ein geringer Anteil dieser Arten fliegt sogar ausschließlich tagsüber. Je nach Lebensweise sind einige Arten besser über ihre Larvalstadien nachzuweisen.

Daten: Qualität und Vergleichbarkeit

Historische Daten

Bei der Auswahl der 25 Untersuchungsflächen wurde darauf geachtet, dass für sie eine möglichst vollständige Artenliste im Zeitraum 1971-2000 vorhanden war. Daher wurde das Monitoring in den naturschutzfachlich hochwertigsten Gebieten Baden-Württembergs durchgeführt – nur hier waren durch frühere Sammlertätigkeit und beauftragte Studien genügend historische Daten vorhanden, um die tiefgreifenden Veränderungen innerhalb der letzten 50 Jahre nachvollziehen zu können.

Erfassungsintensität

Für den historischen Vergleich war es wichtig, dass eine ähnliche Erfassungsintensität im Alt- und im Neu-Zeitraum gegeben war. 

Ein Anhaltspunkt für die Erfassungsintensität ist die Anzahl der Datensätze.

Ein Datensatz ist die Meldung einer Art an einem bestimmten Tag und Ort, die Anzahl der Individuen ist dabei nicht relevant. Wurden z.B. im Kaiserstuhl am 16. September neun Graslilieneulen (Episema glaucina) gezählt, so ergibt dies 1 Datensatz. Vier am selben Leuchttermin und Ort erfasste Eichenwald-Winkeleulen (Mesogona acetosellae) stellen einen zweiten Datensatz dar.

Ein Datensatz ist die Meldung einer Art an einem bestimmten Tag und Ort, die Anzahl der Individuen ist dabei nicht relevant.

Vergleichbarkeit der Daten

Anzahl der Datensätze im Alt- und Neu-Zeitraum auf allen 25 Quadranten

Für das Verständnis der Vergleichsmöglichkeiten der historischen Daten mit den Monitoring-Ergebnissen ist es von großer Bedeutung, wie die historischen Daten erhoben wurden. Auf Herkunft und Vergleichbarkeit der Daten wird in der Publikation ausführlich eingegangen.

Ausschlaggebend: die Erfassungsintensität

81.000 Datensätze im Altzeitraum gegenüber 51.000 Datensätzen im Neuzeitraum und eine Spanne von 30 Jahren vor der Jahrtausendwende gegenüber 20 Jahren nach der Jahrtausendwende scheinen zunächst eine relativ starke Abweichung zu sein. Allerdings ist die Zahl der Datensätze nicht gleichbedeutend mit der Bearbeitungsintensität, sondern stellt ihr Ergebnis dar: Bei einer geringeren Artenvielfalt auf den Flächen ist bei gleicher Bearbeitungsintensität die Datenmenge geringer. Es kommt also vielmehr darauf an, in beiden Zeiträumen ein Level der Erfassungsintensität zu haben, das so gut ist, dass durch Intensivierung der Bearbeitung keine weiteren Arten hinzukommen, die Artenliste also mehr oder weniger vollständig ist.